Pro-Tips: diesmal für den Arzt

Heute lasse ich schreiben, hab ich mir überlegt.

Nein, das stimmt nicht so ganz. Im Rahmen der ProTip-Reihe fand sich ein Kommentar, den ich bisher noch nicht freigeschaltet hatte. Ihr bekommt ihn hier als Artikel zu lesen.

Vielen Dank an Viktoria für die Mühe die sie sich gemacht hat und für die Erlaubnis, ihren Kommentar hier auf diese Weise veröffentlichen zu dürfen (ich habe an dem Text nichts verändert).

Wir sind Angehörige. Wir lieben unseren Vater, die Ehefrau, Mutter oder das Kind, welches wir krank in der Obhut der Ärzte zurücklassen müssen. Wir tragen unser Möglichstes dazu bei, dass es unserem Angehörigen besser geht. Bitte unterstützen Sie uns nach Kräften. Wir wären Ihnen für Folgendes dankbar:

1. Krankheiten sind für uns nicht der tägliche Alltag, sondern ein Ausnahmezustand. Wenn es sich um schwere, eventuell sogar lebensbedrohliche Krankheiten geliebter Menschen handelt, macht uns das Angst und wir reagieren (zumindest am Anfang) nicht immer rational. Ein bisschen Verständnis gibt uns ein Gefühl von Sicherheit, wenn unsere Welt plötzlich aus den Fugen gerät.

2. Wir sind medizinische Laien. Es ist uns bewusst, dass es für Ärzte bestimmt überaus anstrengend ist, ihre Nomenklatur ins Deutsche zu transferieren, doch wir würden gern auf Augenhöhe mit Ihnen kommunizieren. Also erklären Sie uns bitte Diagnosen, Therapievorschläge und andere wichtige Dinge in für uns verständlichen und klaren Worten.

3. Wir wollen wirklich verstehen, was mit unserem Angehörigen passiert und was damit auch auf uns zukommt. Wenn wir – in Ihren Augen – unnütze und dumme Fragen stellen, tun wir das nicht, um Ihre Geduld auf die Probe zu stellen, sondern weil wir es tatsächlich nicht besser wissen. Augenrollen und pikiertes Räuspern ob unseres offensichtlich langsamen Verstandes beschleunigen unseren Prozess des Begreifens dabei übringens kein Bisschen.

4. Auch wir haben neben der Fürsorge und Betreuung unseres kranken Angehörigen noch unseren “normalen” Alltag zu bewältigen. Deshalb sind wir auch als Vollmachtsinhaber nicht 24/7 erreichbar. Und wenn wir wie Sie zu den “Kernarbeitszeiten” zwischen 7 und 18 Uhr arbeiten, dürfte es uns außerdem schwer fallen, wiederholte Termine in Ihrer Arbeitszeit zu vereinbaren. Unsere Chefs finden ständige Fehlzeiten nämlich nur so mittelwitzig.

5. Wenn wir einen Arzt über den Flur gehen sehen und diesen ansprechen, ist es kein Problem, wenn dieser uns sagt, er sei für unseren Angehörigen nicht zuständig. Schön wäre allerdings, dann bestenfalls mitgeteilt zu bekommen, wer zuständig und wann dieser zu erreichen ist. Wiederholte Aberfertigungen nach dem Motto: “Nicht mein Patient!!!” lassen uns langsam aber sicher daran zweifeln, dass unser Angehöriger tatsächlich in guten Händen ist.

6. Wir können nichts für die Schwächen des deutschen Gesundheitssystems und sind auch nicht für dessen Auswirkungen auf Ihren Arbeitsalltag verantwortlich. Deshalb wissen wir nicht, wie viele Dienststunden Sie bereits hinter sich haben, wenn wir es wagen, Sie um ein klärendes Gespräch zu bitten. Uns als Blitzableiter zu missbrauchen, nur weil wir gerade da sind, ist also im Zweifel immer der falsche Weg.

7. Wir sind den Ärzten unendlich dankbar für alles, was sie zum Benefit unseres Angehörigen leisten. Es ist uns bewusst, dass Sie viele Jahre dafür lernen und schuften mussten, um Ihren heutigen Stand des Wissens und der praktischen Fähigkeiten zu erreichen, der jetzt unserem Angehörigen zu Gute kommt. Es hat rein praktische Gründe, dass wir Ihnen dafür nicht permanent einen roten Teppich ausrollen (Hygienevorschriften!) oder die Korken knallen lassen (Alkoholverbot). Gegenseitig wertschätzende Kommunikation ist unser Ziel, und es freut uns, wenn Sie mitmachen.

 

Also, Kollegen, schreiben wir es uns immer und immer wieder hinter die Ohren!

Der Fall Elaine Bromiley

Heute wieder ein Filmchen. Diesmal aber ein ganz ernster. Er dauert knapp 14 Minuten, und es sind sehr anstrengende 14 Minuten. Es lohnt sich aber. Schaut es euch an und lernt daraus. Alle, die wir in der (Notfall-)Medizin tätig sind, könnten jederzeit in eine solche Lage geraten: Eine Routinesituation gerät aufgrund unerwarteter Schwierigkeiten außer Kontrolle, die Beteiligten (alles Profis!!) werden nervös und schon jagt eine Fehlentscheidung die nächste und man schlittert geradewegs in eine Katastrophe.

 

Wir alle können und sollten aus solchen dramatischen Fällen viel lernen. In dieser Hinsicht sei euch auch diese Website dringendst ans Herz gelegt. Da packt man sich auch des öfteren an den Kopf und denkt „oh weia, wie können die nur…“

Und dann denkt man noch ein bisschen drüber nach und erinnert sich vielleicht an diese eine Situation im letzten Dienst, die nur zufällig eine Situation blieb und nicht ausgeartet ist in eine Katastrophe. Und man schärft seine Sinne.

Bleibt wachsam!

 

Stöckchen zum Jahresrückblick

Geklaut bei Sophie, gesehen bei Hermione… solange das neue Jahr noch so frisch ist, darf man doch auf das alte zurückblicken an einem verkaterten Sonntag-MorgenMittag.

Here we go:

 

1. Ganz grob auf einer Skala von 1 bis 10: Wie war Dein Jahr?
Eine 9! Viele tolle Sachen gemacht.

2. Zugenommen oder abgenommen?
Zugenommen. Die Naschibox auf der Intensivstation war allzu verführerisch. Aber alles im Rahmen, wird wieder.

3. Haare länger oder kürzer?
Bisschen länger.

4. Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Luchs- und Adlersichtig. Keine Brille, in keine Richtung. Bam.

5. Mehr Kohle oder weniger?
etwas weniger durch das veränderte Schichtsystem. Auch das wird dieses Jahr wieder besser. Gut, denn das beste Auto der Welt bräuchte zwei bis drei Schönheits-OP´s. Und Sommerreifen. Dieses Auto frisst mir die Haare vom Kopf!

6. Besseren Job oder schlechteren?
Tollsten Job der Welt, neue Facette.

7. Mehr ausgegeben oder weniger?
Viel. Aber ALLES nur in Notwendiges investiert. Ohne iPhone z.B. ist man kein richtiger Arzt! 😉

8. Dieses Jahr etwas gewonnen und wenn, was?
äääh… 8 Euro beim Rubbellos. Hab ich in Eis investiert, war im Sommer. War schön.

9. Mehr bewegt oder weniger?
Weniger.

10. Anzahl der Erkrankungen dieses Jahr?
Keine in der Arbeitszeit. Zwischen den Jahren ein grippaler Infekt (ich sah mich schon in eine xbeliebige Dorfklitischenkrankenhaus-Notaufnahme gehen: „Ja, das tut so weh, wenn ich huste. Und ich hatte Fieber… mindestens 37°! Und ich bin so zittrig und insgesamt irgendwie da stimmt was nicht mit mir. Sehen Sie, jetzt musste ich auchnoch niesen. Und das zieht so in meinem Hals… also richtig WEHTUN jetzt nicht, aber es könnte bald anfangen richtig wehzutun. *röchel* Herrlich!)

11. Davon war für Dich die Schlimmste?
o.g.

12. Der hirnrissigste Plan?
eine Urlaubsliebe in die Realität retten.

13. Die gefährlichste Unternehmung?
NEF-(mit)fahren mit Schneeketten bei 50 cm Schnee.

14. Die teuerste Anschaffung?
Mein iPhone. Ich liebe es. Ich liebe liebe liebe es.

15. Das leckerste Essen?
Bratkartoffeln mit Spiegelei. Ich bin sehr einfach glücklich zu machen in dieser Hinsicht.

16. Das beeindruckendste Buch?
Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins… endlich mal gelesen. Voll toll!

17. Der ergreifendste Film?
Inception. Hat mich wochenlang beschäftigt.

18. Die beste CD?
Puh. Weiß nicht. Lady Gaga?

19. Das schönste Konzert?
Jan Plewka singt Rio Reiser. Das war toll.

20. Die meiste Zeit verbracht mit?
Meinen Kollegen in wechselnder Besetzung. Hilft ja nix.

21. Die schönste Zeit verbracht mit?
Der Herde.

22. Zum ersten Mal getan?
Ne Steuererklärung. Buäh.

23. Nach langer Zeit wieder getan?
10 Folgen Scrubs hintereinander geschaut.

24. Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?
Die ein oder andere Erfahrung auf der ICU. Sterbende Menschen, die hätten leben sollen.

25. Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Meine Tante. Dass ich schon ein erwachsener Mensch bin. Hat nicht geklappt.

26. Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?
Ein personalisierter Kalender. Oldschool und mit Herzblut.

27. Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Der neue Computer! Hübsches Kerlchen, kleines Äpfelchen.

28. Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
Du bist so wunderschön!

29. Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
In meinem Kopf, zu meiner neuen kleinen Nichte. Einmal gesehen und sofort gewusst ich würde alles für dieses Würmchen tun. Sofort. Brauchte ich aber nicht auszusprechen, hätte sie eh nicht verstanden, da zu klein 😉

Wichteln die zweite: AWESOME!

Also: ich habe eine Lösung bzw. ein Wichtelgeschenk gefunden.

Der Junge bekam letztlich das Buch zu diesem Blog hier: 1000 Awesome Things.

Ich liebe es, in diesem Blog zu stöbern, es macht tatsächlich aufmerksam auf die kleinen Glücksmomente im Leben. Das kann man brauchen als Chirurg, ich spreche da aus Erfahrung. Man könnte natürlich noch ein weiteres Kapitel mit tollen Momenten im Krankenhaus hinzufügen. Zum Beispiel:

  • Der septische Patient aus der Rettungsstelle hat schon eine Antibiose laufen und DAVOR wurden Blutkulturen abgenommen! AWESOME…
  • Man trifft beim Subclavia-ZVK mit dem ersten Stich die Vene! Dieser Moment des Widerstandsverlustes, wenn dunkles Blut in die 10er Spritze perlt… AWESOME!
  • Wenn im allerhektischsten Superstress das Telefon klingelt, man genervt ran geht und denkt „ich hab auf keinen Fall ein Bett…“ und der Kollege am anderen Ende der Leitung sagt: „Ach, Entschuldigung, ich hab mich verwählt!“ AWESOME!
  • Man reanimiert, der Patient flimmert, man schockt und auf dem Monitor erscheint ein zarter Sinus-Rhythmus… piep…piep…piep…piep… AWESOME!
  • Man hängt in einem ruhigen Spätdienst rum und der Kollege sagt: „Sag mal, willst Du nicht einfach schonmal nach Hause gehen?“ … AWESOME!
  • Man findet direkt vor dem Haupteingang der Klinik einen Parkplatz, obwohl man total knapp in der Zeit ist… AWESOME!
  • Man findet auf seiner Gehaltsabrechnung unaufgefordert ausgezahlte Überstunden. AWESOME!

Ach, da würden mir noch 1000 Sachen mehr einfallen… naja, wie dem auch sei. Tolles Blog, Tolles Buch, Tolles Geschenk! Hurra!

Hilfe! Wichteln!

Sooo… da suche ich grad im weltweiten Netz nach einer zündenden Idee für ein Wichtelgeschenk für meinen Kollegen (männlich, Anfang 30, wohnt mit Freundin, Chirurg) und finde das hier

wohlgemerkt bei meiner expliziten Suche nach „Geschenke für Männer“ … ja. Die Motto-Grillschürzen, Hodenwärmer und Kamasutra-Sets habe ich billigend in Kauf genommen.

Ich suche doch nur was total Kreatives, Witziges und Unkonventionelles… für höchstens 10 Euro.

Idee, irgendjemand?

 

 

Orientiert zu Zeit, Ort und Person…

hier zwei Post-Nachtdienst-Schmankerl:

1. Ich berichte am Bettplatz eines Patienten: „Der Herr Müller ist zwei Tage nach *eigentlich ganz banaler OP* noch bei uns, weil er weiterhin sehr durchgängig ist“ – Das ist eigentlich ein Euphemismus für: „Hat die ganze Nacht geschrien, gespuckt und produktiv halluziniert“.

Der Herr Müller jedoch guckt mich während meiner salbungsvollen Ansprache mit verblüffend klaren Augen an und sagt: „Also Frau Dr. ASS, das stimmt so nicht ganz, mir geht es sehr gut und ich weiß genau wo ich bin, auf der Intensivstation im *wildesten Maximalversorger Deutschlands*. Ich wurde doch am *korrektes Datum* operiert, und heute ist der *ebenfalls korrektes Datum*. Ich ernte reichlich hochgezogene Augenbrauen und fragende Blicke, und würde am liebsten im Erdboden versinken. Hallo? Was ist denn da passiert? Bis vor 5 Minuten war dieser Mann doch völlig durchgeschallert? Nach Ende der Visite gehe ich nochmals zu ihm, ich muss ihm Blut abnehmen, den ZVK hat er sich im Rahmen seiner wilden Aktionen in der Nacht gezogen.

„Einmal kurz pieksen, Herr Müller!“  … und er spricht: „Ja, kein Problem, Mäuschen, und wenn Du fertig bist, dann mach doch die Tür zur Dachterasse auf, meine Frau müsste jeden Moment mit dem Hubschrauber kommen. Die wollte mich doch abholen.“

Ja nee ist klar. Wir sind im ersten Stock.

 

2. Eine ältere Dame aus dem Heim, die klassische Freitag-Abend-AZ-Verschlechterung. Ich übergebe sie meiner Kollegin mit den Worten: „Komplett desorientiert“. Meine Kollegin kann sich jedoch nicht verkneifen, das selber zu testen. Es entwickelt sich folgender Dialog:

“ Frau Meier, Guten Morgen!“

„Guten Morgen!“

„Geht es ihnen gut?“

„Gut!“

„Sie wissen ja, sie sind hier im Krankenhaus“

„Im Krankenhaus!“

„Genau. Sagen Sie, haben sie vorher zu Hause gewohnt oder im Heim?“

„Im Heim.“

Meine Kollegin schaut mich an… „die weiß doch genau, was los ist!“ Ich muss einschreiten:

„Frau Meier? Eins Zwei Drei!“

„Zwei Drei“

Alles klar!

Klischees erfüllen…

… mit ASS 100:

1. Den ganzen Dienst über ausschließlich Kaffee getrunken.

2. Vier Überstunden gemacht.

3. Keine davon aufgeschrieben.

4. Eine lange geplante Verabredung sang-und klanglos vergessen.

5. Auf dem Heimweg bei der Pizzeria vorbeigefahren.

6. Als einzige Mahlzeit des Tages Vier-Käse-Pizza konsumiert.

7. Vor dem Fernseher.

8. Mit Bier.

P.S.: Tausend Dank an Doc Blog für den Award! Werde mir in naher Zukunft Gedanken machen wie und wohin ich ihn weiterverleihe… aber nicht heute. Muss weiter Unterschichten-Fernsehen gucken!

Miniferien!

Es sind gleich zwei drei spektakuläre Dinge zu berichten:

1. ich habe heute pünktlich um 15:30 Uhr die ICU verlassen.

2. ich habe das Wochenende frei.

3. ich habe auch den folgenden Feiertag frei!

ERGO: IRGENDWAS SPEKTAKULÄRES MUSS AM WOCHENENDE PASSIEREN!

Deshalb habe ich spontan beschlossen, eine liebe Freundin in die Hauptstadt zu begleiten, Berlin, Baby! Bam! Schnell Sachen packen, gleich gehts los!

 

Letzter Akt heute:

Katecholamin-Perfusor ausgedreht bei einem Pat. mit rupturiertem BAA, der postoperativ ins Multiorganversagen ging. Hach. Nicht dass ich nicht schon vorgestern gemault hätte, und nicht dass man sich bei einem 87jährigen Oppi, der seit 15 Jahren von seinem BAA wusste vielleicht auch gegen eine OP hätte entscheiden können, aber gut.

Ich kann sie ja eigentlich gut verstehen, die Chirurgen. Klar ist das doof, wenn da ein lieber Opi mit mauem Druck vor einem liegt, der bis vor einer halben Stunde noch lebensfroh und glücklich war, und man muss ihm sagen: entweder wir operieren sie, dann sind die Chancen 50:50, oder sie verbluten in der nächsten halben Stunde.

Jaha. 50:50 wären die Chancen vielleicht gewesen, wenn der Opi 40 Jahre jünger gewesen wäre. Aber so, mit 87, lange ausgeklemmten Nieren und einer höchst wackeligen Darmversorgung bei höchst stenosierter A. mesenterica superior, hmpf. Schwierig.

Naja. Ende vom Lied: Opi kommt intubiert, beatmet, mit mehrfach ausgetauschtem Blut (und ensprechender Gerinnung) und allem, was der Katecholaminschrank so hergibt aus dem OP zu uns, die Chirurgen klopfen einander auf die Schulter, und wir vergeigen die Sache kämpfen 3 Tage lang mit allen nur erdenklichen Komplikationen und versuchen die Verwandten schonend auf das Unvermeidliche vorzubereiten. Ja mann, mir tuts auch leid, verdammt!

Andererseits gibt es glaube ich viele grausamere Möglichkeiten, mit 87 Jahren sein Leben abzuschließen als ein rupturiertes BAA, oder?

Wie dem auch sei, nachdem die Perfusoren aus waren, ging es dann auch relativ schnell, aber die Töchter waren da, haben Händchen gehalten und insgesamt war die Atmosphäre dann doch sehr friedlich. Es war ok, er durfte gehen.

Und ich geh jetzt nach Berlin.

Schönes Wochenende!

 

Sonntagsdienst

Merke:

Wenn ASS Sonntags alleine Tagdienst hat und bloggen kann, ist es ein ruhiger Tag. Zumindest für mich. Meine Patienten laufen weitgehend auf Autopilot, oder sind Ende der Woche operiert worden und bleiben nur aus Sicherheitsgründen übers Wochenende auf der Intensivstation… wobei Sicherheitsgründe ggf. auch heißen kann, dass die Hemmschwelle höher ist, uns nach einem Bett zu fragen, wenn im Computer unsere ganze Station belegt ist… chhrrrr. „Naja, wir behalten Sie besser noch eine Nacht hier, Frau *Hemikolektomie links am Freitag*“.

Im OP scheint es weniger ruhig zu sein, die rödeln den ganzen Vormittag schon vor sich hin. Ich hab nur ein paar Schlagworte aufgeschnappt heute morgen, aber die Kombination aus COPD, alt, dick, Raucher und „akutes Abdomen nicht näher bezeichnet aber seit 5 Stunden im OP“ hört sich so an als sollte ich vielleicht demnächst mal einen unserer Joker verlegen. Wenigstens ist noch keiner von der Anästhesie-Pflege hier vorbeigekommen um sich Arterenol zu schnorren, wenn das passiert, können wir uns meistens drauf einstellen dass sich ordentlich was zusammenbraut.

Ich glaube ich werde *privatversicherten Lehrer mit Furz quer und Blutdruck* in sein Einzelzimmer auf die Parkett-und-Teppichboden-Wohlfühlstation zurückschicken. Der nervt eh nur: „ich hatte eine fürchterliche Nacht…“ „diese Schmerzen…“ „wissen Sie, ich KANN auf dieser billigen Matratze einfach nicht liegen…“ „zu Hause habe ich ja ein Wasserbett…“

Auf gehts: Ich habe eine Aufgabe!

 

Ach, ja, fürs Protokoll:

Dinge, die heute NICHT passieren sollten, damit ich meine Sonntagslaune bewahre:

1. Polytrauma

2. Reafunk

3. Reanimation bei uns auf der Station

4. wenn der *armer Gomer der nicht sterben darf weil die Verwandten Maximaltherapie wünschen* intubationspflichtig wird RASTE ICH AUS.

Herr Meier

Heute wieder passiert:

wir hängen im Standby-Modus rum und trinken Kaffee. Ein Anruf für den Oberarzt, von extern.  Er hört eigentlich nur zu, legt dann auf und schaut uns an: „Herr Meier ist tot“.

Gut, könnte man meinen, Menschen sterben, kommt vor. Aber warum wird mein Oberarzt dann angerufen, und warum sind wir dann alle betroffen?

Weil der Herr Meier 93 Tage bei uns lag. Diverse Operationen überstanden hat. Intubiert und beatmet war. Dann tracheotomiert wurde. Mehrfach durch neueste Antibiosen gemeine septische Einschwemmungen überlebt hat. Vielleicht hat er sogar eine neue Herzklappe bekommen, weil seine alte von Endokarditis zerfressen wurde. Herr Meier wurde wochenlang nicht wach, dann drückte er plötzlich auf Aufforderung die Hand. Konnte nach langer Blutwäsche von der CVVH entwöhnt werden. Hat am Ende wieder selber geatmet.

Seine Frau hat uns immer wieder Kuchen mitgebracht. An seinem Geburtstag hingen bunte Luftballons vor seiner Box. Bilder von ihm und seinen Kindern hingen an den Wänden.

Herr Meier ist vor zwei Tagen spontanatmend in die Reha gefahren worden. Hat noch breit gegrinst und uns zum Abschied zugewunken von seinem Tragestühlchen.

Und heute morgen lag er tot in seinem Bett.

Argh.

Wofür machen wir den ganzen Scheiß eigentlich, frag ich mich manchmal.