Heute: Verhalten in der Notaufnahme
Lieber Patient, liebe Patientin.
Wir sind für Sie da. 24/7, 365 Tage im Jahr. Unser Beruf ist im besten Fall Berufung, und wir freuen uns, wenn wir Ihnen helfen können. Machen Sie ein bisschen mit. Wir wären Ihnen für folgendes dankbar.
1. Wir glauben Ihnen, dass es Ihnen nicht gut geht. Sonst wären Sie nicht hier. Bitte, wiederholen Sie dies nicht alle 5 Minuten bei der Patientenanmeldung. Wir sortieren nicht nach Ankunftzeit, sondern nach Dringlichkeit. Vielleicht gibt es jemanden, der gerade WIRKLICH nicht warten kann.
2. Wenn die Antwort auf die Frage: „Warum waren Sie nicht beim Hausarzt?“ lautet: „Da muss ich immer so lange warten“ oder „Ja tagsüber muss ich doch arbeiten“ dann denken Sie doch noch einmal kurz über den Sinn des Wortes „NOTaufnahme“ nach.
3. Entweder Sie wissen, was Sie an Medikamenten einnehmen, inclusive der Dosierung („eine halbe von den großen Roten immer morgens“ reicht im Zweifelsfall nicht) oder Sie bringen einen Zettel mit, auf dem das draufsteht. Das hilft uns sehr.
4. Wenn sich plötzlich mehrere Ärzte im Flur zusammenrotten und Handschuhe anziehen, dann ist das nicht irgendein komisches Ritual, sondern wir warten auf ein Polytrauma. Also auf einen vorab von der Feuerwehrleitstelle angekündigten schwerst mehrfachverletzten Patienten. Selbst wenn also dann so viele „dumm rumstehen“, keiner davon wird sich jetzt ihr Knie angucken, das seit drei Wochen immer mal wieder zwickt. Ehrlich. Auch dann nicht, wenn Sie mit einer schriftlichen Beschwerde drohen.
5. Wenn Ihre Einweisung vom Hausarzt 5 Tage alt ist, dann beschweren Sie sich nicht, wenn Sie eine Stunde warten müssen, bevor Sie dran sind.
6. Wenn wir Ihnen sagen, dass Sie noch operiert werden müssen und deshalb bitte nichts mehr essen und trinken mögen, dann bezieht sich das auch auf das Snickers aus dem Süßigkeitenautomaten.
7. Sie müssen nicht alleine herkommen. Aber haben Sie Verständnis, dass höchstens ein Angehöriger mit in den Behandlungsraum kommen sollte. Nicht 8. Und auch nicht das zweijährige Kind Ihrer Cousine.
8. Wenn wir sagen: „Nehmen Sie nochmal kurz Platz, Sie werden gleich wieder aufgerufen“ dann gehen Sie bitte nicht rauchen/spazieren/was essen/einfach mal nach Hause. Wir suchen Sie sonst. Und dann dauerts wieder länger.
9. Wenn Sie uns diese komische Stelle an Ihrem Oberschenkel zeigen wollen, die seit Wochen juckt, freuen wir uns, wenn Sie vor kurzem geduscht haben. Und frische Unterwäsche tragen. Oder überhaupt Unterwäsche.
10. Wenn Sie uns in der Ecke sitzen und Kaffee trinken sehen, dann tun wir das nicht aus Boshaftigkeit, um Sie warten zu lassen. Wir laden nur kurz unsere Akkus. Ehrlich. Vielleicht arbeiten wir schon seit 20 Stunden.
11. Wenn Sie nachts um drei aus dem Urlaubsflieger steigen und uns dann noch eben den Knöchel zeigen wollen, den Sie sich vor einer Woche beim Fußballspielen am Strand umgeknickt haben, dann verzeihen Sie uns unseren sparsamen Gesichtsausdruck. Wir waren gerade eingeschlafen.
In diesem Sinne.
Mit den allerherzlichsten Grüßen,
der Chirurgenwelpe